Europa braucht Payment-Souveränität
10. Oktober 2025
Lesezeit: 5 Min
In der internationalen Politik hat sich eine Zeitenwende vollzogen. Bewährte internationale multilaterale Strukturen sind in vielen Fällen von bilateralen „Deals“ abgelöst worden. Europa muss daher neben einer Verteidigungs- und Energiesouveränität eine europäische Payment-Souveränität etablieren.
Firmenkundenvorstand der ING Deutschland
Eddy Henning
Wer in Europa Geld an Freunde sendet, mit der Kreditkarte einkauft oder im Internet bestellt, nutzt dafür überwiegend US-amerikanische Plattformen. Nach Angaben der EZB werden mehr als 60 Prozent aller Transaktionen mit Kredit- und Debitkarten in der Eurozone über US-Anbieter abgewickelt, bei Online-Bezahlungen an Händler oder Friends & Family hat sich Paypal mittlerweile als feste Größe etabliert. Die US-Dominanz rührt auch daher, dass es in beiden Bereichen aktuell an Alternativen mit vergleichbarer Akzeptanz und einer ähnlich gut eingespielten Infrastruktur fehlt.
In einer liberalen Wirtschaftsordnung, die auf Arbeitsteilung ebenso aufbaut wie auf gemeinsamen Werten, wäre eine solche dominante Marktstellung kein Problem. Allerdings erleben wir aktuell eine Verschiebung der Interessen verschiedener Mächte, die ein Umdenken erfordern. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die Souveränität Europas in wirtschaftlichen Schlüsselbereichen zu stärken. Der Zahlungsverkehr zählt dabei zu den sensibelsten Bereichen, sowohl für Privatkunden wie auch auf für Unternehmen. Er ist der Herzschlag unserer Wirtschaft.
Mit der Einführung des europäischen Zahlungslösung WERO hat die European Payment Initiative (EPI) einen wichtigen Meilenstein beim Aufbau eines widerstandsfähigen und unabhängigen europäischen Finanzökosystems gesetzt. Über WERO lassen sich P2P, POS, und E-Commerce-Zahlungen zwischen Privatpersonen und Händlern in Echtzeit abwickeln. Die ING, die Mitglied von EPI ist, hat als eine der ersten Banken in Deutschland WERO in ihre eigene App integriert. Den Start macht sie mit P2P-Zahlungen.
Aber auch im großvolumigen Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen wäre eine einheitliche europäische Zahlungsverkehrslösung geboten. Hier werden Echtzeitzahlungen zunehmend zum Standard. Für Unternehmen bringen sie einige Vorteile, denn sie ermöglichen eine präzisere und schnellere Liquiditätssteuerung, reduzieren den Bedarf an Liquiditätsreserven und erlauben eine effizientere Kapitalnutzung. Hier ist die ING über die Bank Mendes Gans Weltmarktführer im Cash Pooling. Ein europäisches Zahlungssystem reduziert regulatorische Komplexität, stärkt die Kontrolle über Liquidität und minimiert FX-Risiken – zentrale Hebel für resilientere Treasury-Strukturen.
Die ING ist nicht mehr nur Anbieter von Dienstleistungen – sie ist Partner bei den Entscheidungen ihrer Kunden. In einer Welt, die immer volatiler und vernetzter wird, erwarten Kunden diese beratende Rolle, dieses tiefgreifende Verständnis und diese Fähigkeit, schnell zu handeln. Genau darauf baut die ING auf und sieht sich als zentraler Mitgestalter der europäischen Zahlungsinfrastruktur.