Immobilienfinanzierung im Umbruch: Von der Schockstarre zur strategischen Erneuerung
13. November 2025
Lesezeit: 5 Min
Anfang der 2020er Jahre verzeichnete der Immobilienmarkt einen deutlichen Aufschwung. Niedrige Zinsen und ein Zufluss ausländischen Kapitals machten Immobilien zu einer der gefragtesten Anlageklassen. Die Gesamt-Renditen stiegen über Jahre hinweg – getrieben von Bewertungsgewinnen und anhaltend hoher Nachfrage. Der Ukraine-Krieg markierte ab 2022 einen globalen Wendepunkt.
Die Märkte brachen ein, während die Zinsen sprunghaft anstiegen. Die Folge: Immobilien verloren an Attraktivität als Anlageklasse und zahlreiche Projektentwicklungen scheiterten, obwohl bereits Grundstücke erworben waren. Zwischen 2021 und Anfang 2024 ging das Transaktionsvolumen deutlich zurück.1 In der Folge gaben auch die Immobilienwerte nach. Viele Investoren sahen sich gezwungen, Objekte zu verkaufen, um ihre Liquidität zu sichern. Hohe Finanzierungskosten, eine Welle von Insolvenzen, sinkende Bewertungen und eine restriktive Kreditvergabe führten nahezu zum Stillstand des Marktes.
Inzwischen zeichnet sich jedoch eine vorsichtige Erholung ab. Zielwerte für Zinsen um die zwei Prozent sowie bereits vollzogene Zinsschritte schaffen neue Planungssicherheit. Zur Jahresmitte 2025 hellt sich die Stimmung unter deutschen Immobilienfinanzierern spürbar auf: Der von JLL und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) erhobene Immobilienfinanzierungsindex Difi stieg im zweiten Quartal um 5,4 auf 10,5 Punkte und kompensiert damit weitgehend den Rückgang des Vorquartals. Zwar liegt der Index noch leicht unter dem Niveau des vierten Quartals 2024 (13,6 Punkte), doch bleibt dieser der höchste Stand seit Anfang 2016.
Politische Impulse als Treiber wirtschaftlicher Stabilität
Ein entscheidender Wendepunkt war die politische Neuordnung. Die Bildung einer neuen Bundesregierung setzte neue Impulse in wirtschaftliche Entscheidungsprozesse. Die Ankündigung von Maßnahmen zur Unternehmensentlastung und wirtschaftlicher Planbarkeit gehören zu den Kernsignalen der neuen Regierung. Die Einführung eines umfassenden Sondervermögens zur Stärkung zentraler Bereiche stärkte zusätzlich das Vertrauen der Märkte. Gleichzeitig begann die Inflation allmählich zu sinken, was zu verlässlicheren Rahmenbedingungen für Kreditvergabe und Finanzierung führte.
Politische Stabilität, wirtschaftliche Entlastung und eine planbarere Geldpolitik schaffen neue Perspektiven für den Immobilienfinanzierungsmarkt. Die Grundstimmung der Marktteilnehmer zeigt sich spürbar optimistischer als in den Jahren 2023 und 2024, da die Preisfindung und das Zinsumfeld mehr Klarheit bieten.
Nachhaltigkeit als Schlüssel zur Markterholung
Gleichzeitig ist Nachhaltigkeit zu einem zentralen Thema geworden. ESG (Environmental, Social, Governance) ist für Investoren und Mieter längst kein erklärungsbedürftiger Begriff mehr, sondern fester Bestandteil zukunftsorientierter Anlagestrategien, so auch bei der ING. Taxonomie-konforme Objekte erzielen dagegen Spitzmieten und hohe Nachfrage.
Für Banken bedeutet das: Sie sind nicht mehr nur Kapitalgeber, sondern entwickeln sich zu strategischen Partnern in der Transformation. Entscheidend ist eine sektorübergreifende Expertise, verbunden mit einem tiefen Verständnis des Immobilienzyklus. Insbesondere Green Loans, Sustainibility-linked Loans und ESG-konforme Projektstrukturen gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Transformation gestalten
Das Portfolio Management, die Bewertungs- und ESG-Teams der ING sind lokal verankert und global vernetzt. Nur wer grenzüberschreitend und mit Fachkenntnis beraten und strukturieren kann, wird zum starken und verlässlichen Partner im Banking.
Dies zeigt sich besonders in der engen Zusammenarbeit mit Branchen wie erneuerbaren Technologien und Energieversorgung. Solche Kooperationen ermöglichen ganzheitliche Finanzierungslösungen, die klassische Modelle deutlich übertreffen. ESG ist kein Selbstzweck, sondern ein strategischer Hebel für zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Entscheidend ist, einen nachvollziehbaren und wirksamen Transformationspfad zu gestalten, der sowohl die Asset-Ebene als auch die Unternehmensstrategie umfasst.
Im Wandel bestehen: Ausblick auf eine resiliente Zukunft
Die ZIA-Studie2 untersucht mögliche Entwicklungspfade der Immobilienwirtschaft bis 2035 anhand von sieben Szenarien, die unterschiedliche Zukunftsaussichten abbilden.
Dabei wird deutlich, dass die Branche vor einem grundlegenden strukturellen Wandel steht. Der Umgang mit Unsicherheit hat sich professionalisiert und ESG-Kriterien rücken zunehmend in den strategischen Fokus. Unternehmen, die Nachhaltigkeit, Digitalisierung und soziale Aspekte in ihre Geschäftsmodelle integrieren und flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, können sich besser auf langfristige Entwicklungen einstellen. Die Szenarien bieten also nicht nur eine Orientierung für die mögliche Zukunft, sondern auch eine Grundlage für strategische Planung und frühzeitige Anpassung - mit dem Ziel, die Immobilienwirtschaft bis 2050 resilient und zukunftsfähig aufzustellen.
Die Gesellschaft ist auf dem Weg zu einer CO2 neutralen Wirtschaft. Das gilt auch für unsere Firmenkunden und für die ING. Wir finanzieren jede Menge nachhaltiger Aktivitäten aber die nicht nachhaltigen überwiegen noch. Unseren Fortschritt sehen Sie auf Opens in a new tabing.com/climate.